San Francisco: Verlagerung des Stadtzentrums geplant

Transbay Terminal würde ersetzt, außerdem größere Bauhöhe in verschiedenen Bereichen
24 Nov 2009
San Francisco: Verlagerung des Stadtzentrums geplant

Ein ambitionierter Stadtentwicklungsplan wird das Gesicht San Franciscos grundlegend verändern. Das letzte Woche veröffentlichte 147-seitige Werk sieht vor, das Gebiet um das Transbay Terminal mit Hochhäusern zu bebauen und die Market Street als Hauptstraße durch die Mission Street abzulösen. Damit rückt das Stadtzentrum weiter nach Süden.

Bisher bildete die Market Street eine 120 foot breite Schneise, die die nördlichen Stadtteile mit den Geschäften und Finanzgebäuden vom Süden abgrenzt, den Jack London im Jahr 1909 als "die Fabriken, Slums, Wäschereien, Werkstätten, Heizkraftwerke und Domizile der Arbeiter" bezeichnete.

Gebiet der geplanten Baumaßnahmen

Seit den 1950ern, vorangetrieben von mehreren Wirtschaftsschüben, verändert sich die Landkarte jedoch. Das Yerba Buena Umgestaltungsgebiet mit seinen Gärten oberhalb eines Convention Centers ersetzte Häuserblöcke mit Geschäften und Wohnungen oberhalb. Third Street, einst eine heruntergekommene Gegend, beherbergt nun das San Francisco Museum of Modern Art. Der Distrikt wurde 1966 nach einem Jahrzehnt anhaltender Debatten gebildet, was ein Jahrzehnt politischen Streitigkeiten nach sich zog. Heute kann man sich San Francisco ohne diese Gegend nicht mehr vorstellen. Der neue Plan entwickelt diese Verschiebung nach Süden konsequent weiter.

Verschiebebahnhöfe, die mit dem immer unbedeutender werdenden Hafen überflüssig wurden, bilden zusammen mit einem UCSF Campus und Häuserblöcken von biowissenschaftlichen Firmen - einem Wirtschaftszweig, der gerade entstand als die jetzigen Planungen in den frühen 1980ern begannen - das Gebiet der Mission Bay. Wohnhochhäuser überziehen Rincon Hill, ein ehemaliges und trockengelegtes Nebengewässer.

Starke Veränderungen kann man auch im jetzt veröffentlichten Plan hinsichtlich des dort "Transit Center" genannten Distrikts, einem 145 acres großen Bereich etwa zwischen Market, Steuart, Folsom und Hawthorne Street, erkennen. Verwaltungshochhäuser waren im Downtown Plan von 1985 südlich der Market Street verstreut, so dass das Wachstum der Stadt Distrikte wie North Beach oder Chinatown nicht erdrücken würde.

Der neue Plan sieht nun eine größere Bauhöhe in verschiedenen Bereichen vor. Im Zentrum der Planung liegt der Block, der derzeit das Transbay Terminal beherbergt. Dieser Betonklotz würde einem neuen, futuristischen Terminal Platz machen, das sowohl einen Bahnhof als auch ein Hochhaus im 1.000 foot Bereich umfasst. Zusätzliche Bauhöhe ist eine Möglichkeit, Geld für das Transitcenter zu gewinnen. Doch selbst wenn der Plan, den Bürgermeister Gavin Newsom befürwortet, vom Board of Supervisors im nächsten Jahr verabschiedet wird ist es noch zu früh, um Aussagen über das konkrete Aussehen oder die Höhe der künftigen Gebäude zu machen - oder, ob sie überhaupt gebaut werden. Wie auch immer, der Distrikt wird als künftige Downtown mit Rincon Hill im Süden, dem Financial District im Norden, Embarcadero im Osten und Yerba Buena im Westen hervorgehen.

Der bemerkenswerteste Aspekt des neuen Plans ist seine Betonung auf Fußgänger. Breite, mit Grünflächen gestaltete Fußgängerwege, Verkehrsinseln und Parks sind vorgesehen. "Baudichte funktioniert nur, wenn wir die Straßen und Bürgersteige haben, um dies zu unterstützen", sagte John Rahaim, der städtische Baudirektor. "Es ist essentiell, die Grundfläche richtig zu planen."

In Zeiten knapper Finanzmittel wirkt das Vorhaben irrwitzig, zumal sieben Bürohochhäuser mit einer Höhe von mehr als 600 feet eingeplant sind. Angesichts der Laufzeit der Bauvorhaben von 25 Jahren rechnen die Planer allerdings damit, dass die derzeitige Krise kaum Auswirkung auf das Projekt haben wird.

Kommentar von Stefan Kremer: Wie ich am 02.02.2009 berichtete ist San Francisco nicht auf das große Beben vorbereitet. 30.000 Gebäude könnten einem Beben der Stärke 6,9 zum Opfer fallen. 90% der städtischen Bausubstanz wurde vor dem Inkrafttreten modernerer Bauvorschriften in den 1970ern errichtet. Die bisherige Beschränkung in der Bauhöhe trägt der Erdbebengefahr Rechnung. Anstelle solch neuer, kostenintensiver Baumaßnahmen sollte die Stadt sich eher darum kümmern, diese Missstände anzugehen und die Stadt insgesamt sicherer zu machen. Außerdem ist das Gebiet South of Market aufgeschüttetes Land, das bei Beben unter Bodenverflüssigung leidet. 1906 waren Häuserfundamente in großen Teilen dieses Stadtgebiets unter dem sich verflüssigenden Grund zerstört worden. Grundsätzlich stehe ich dem Bauvorhaben positiv gegenüber, erschließt es doch einen bisher weniger attraktiven Stadtteil. Aber es gibt wichtigere Dinge in der Stadt zu tun, damit wir sie auch nach dem Big Bang noch genauso schön erleben dürfen.

Quelle: http://www.sfgate.com/cgi-bin/article.cgi?f=/c/a/2009/11/23/BAI71ANUI2.DTL&feed=rss.bayarea 23.11.2009

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