Colorado: Sinkender Pegel führt zu Stromschnelle
2002 geschlossene Bootsanlegestelle bei Pearce Ferry soll nun wieder geöffnet werdenDie sinkenden Wasserstände im riesigen Lake Mead Reservoir haben die Marinas zu immer kleiner werdenden Häfen und die Bootsstege hoch und trocken werden lassen. Nun hat die Trockenheit ein neues, unerwartetes Problem im Colorado auftreten lassen: Stromschnellen.
An der östlichsten Seite des Reservoirs, 120 Meilen von Las Vegas entfernt, hat sich eine kleine, aber gefährliche neue Verwirbelung im Wasser gebildet, wo zuvor flaches Wasser gewesen war. Die sogenannten Pearce Ferry Rapid sind durch einen starken Höhenabfall und eine scharfe Rechtskurve geprägt, bei der sich der Colorado um einen zu Tage getretenen Felsen windet. Auf Rafting-Webseiten wird diese Stelle auf einer Skala von 1 bis 6 als Klasse 4 Stromschnelle beschrieben. "Dieses Ding ist in den letzten anderthalb Jahren signifikant schlimmer geworden", sagte Jim Holland, Parkplaner der Lake Mead National Recreation Area. "Es ist sehr viel dramatischer geworden."
Während ab dem Jahr 2000 Trockenheit den Colorado prägte ist der Wasserstand im Lake Mead um mehr als 100 feet gesunken. Diese Absenkung hat dem Colorado dutzende von Meilen Land in Nordwest Arizona, wo das Erholungsgebiet auf den Grand Canyon Nationalpark trifft, abgerungen. "Es war dort früher kein Fluss; es war ein See", sagte Mark Grisham, Executive Director der Grand Canyon River Outfitters Association. Doch anstatt in sein historisches Bett zurückzukehren hat der Fluss sich einen neuen Lauf durch die dicken Schlammschichten gesucht, die sich nach der Fertigstellung des Hoover Dams 1935 angesammelt haben. Genau unterhalb der alten Pearce Ferry Bootsanlegestelle stößt dieser neue Lauf "direkt auf eine Felswand, verwirbelt und kehrt um", sagte er. Holland gibt zu, dass dies nicht eines der üblichen Probleme ist, mit der das Team des National Park Service am Lake Mead befasst ist. "Es ist schon eine Ironie, dass diese Flachwasserjungs nun mit Wildwasser zu tun haben", sagte er. Natürlich kann man die neue Stromschnelle nicht mit den Großen im Grand Canyon vergleichen, aber Pearce Ferry Rapid erzeugt Kopfzerbrechen bei den kommerziellen Raftinganbietern, deren Touren durch den Grand Canyon an dem See enden. "Es ist eine sehr ungewöhnliche Situation. Es passiert nicht jeden Tag, dass sich eine neue Stromschnelle in einem Fluss bildet. Aus geologischer Perspektive ist es sehr interessant. Aus operativer Sicht ist es ein echtes Problem", so Graham. Der Park Service hat die Bootsanlegestelle bei Pearce Ferry 2002 wegen des gefallenen Wasserspiegels geschlossen. Kommerzielle Rafter sind nun gezwungen, bei ihren Touren 15 Meilen weiter bis zur South Cove am Lake Mead zu fahren. South Cove ist nun das Ende der Trips für mehr als die Hälfte der 18.500 Menschen, die jedes Jahr an einer kommerziellen Raftingtour teilnehmen, sagte Grisham. Und während die Flöße die Pearce Ferry Rapid ohne allzu große Mühe überwinden können haben die Wasserstrudel den Verkehr flussaufwärts für die meisten Boote unmöglich gemacht. Als ein Resultat können die Raftingunternehmen nun keine Motorboote mehr einsetzen, um ihre Kunden schnell zurück an Land zu bringen und ihnen ein langsames Dahindümpeln über den Lake Mead in der heißen Sonne nach einer aufregenden Wildwasserfahrt durch den Grand Canyon zu ersparen. "Es ist einfach eine schlechte Art und Weise, einen solchen Trip zu beenden", so Grisham.
Um das Problem zu lösen hat sich der Park Service mit Raftingunternehmen und den Hualapai Indianern zusammengetan, um eine zwei Meilen lange Straße zu bauen, die den Zugang zum Fluss bei Pearce Ferry oberhalb der Stromschnelle ermöglichen soll. Der Indianerstamm ist involviert, weil er Raftingtouren als Teil seiner Grand Canyon Tourismusunternehmungen anbietet, die ebenfalls den 70 feet weit über den Rand des West Rim hinausragenden Skywalk mit seinem gläsernen Boden umfasst. "Die Raftingindustrie und die Hualapai wollten immer schon bei Pearce Ferry aktiv werden", sagte Grisham. Der Park Service erwog den Bau der Straße bereits vor einigen Jahren, aber verwarf die Idee als zu kompliziert und teuer. Vor etwa sechs Monaten überredeten die Raftinganbieter und Repräsentanten der Indianer den Park Service, das Vorhaben noch einmal zu überdenken und boten sogar an, wenn nötig die Straße selbst zu bauen, sagte Holland. Um die Ernsthaftigkeit ihres Vorstoßes zu untermauern beauftragten sie ein Ingenieurbüro mit dem Anfertigen der Baupläne.
Der Bau der Straße wird voraussichtlich 4 bis 6 Wochen dauern und 770.000 Dollar kosten. Der Park Service wird vermutlich die Rechnung bezahlen, aber zum Unterhalt der Straße wird vermutlich eine Gebühr für Boote bei Pearce Ferry erhoben. Wenn alles nach Plan verläuft können die Arbeiten bereits Ende Mai beginnen und die Straße könnte im frühen Juli geöffnet werden. Grisham und die Raftingunternehmen, die er repräsentiert, hoffen, dass die neue Pearce Ferry Anlegestelle bald öffnet, weil die Raftingsaison von April bis Oktober dauert und ihren Höhepunkt zwischen Mai und Mitte September hat.
Derzeit durchfahren die kommerziellen Raftingpiloten die neue Stromschnelle und entladen ihre Passagiere auf Motorbooten ein Stück stromabwärts, mit denen sie sie nach South Cove fahren. Grisham sagte, diese neue Vorgehensweise, die jedem Grand Canyon Trip 5 bis 7 Stunden hinzufügt, werde nicht für sehr lange funktionieren. Einige spekulieren, dass die Pearce Ferry Stromschnelle sich zu einem Wasserfall herausbilden könnte, der das sichere Navigieren durch diese Stelle selbst für Raftingboote unmöglich macht.
Nicht jeder unterstützt das Straßenprojekt. Tom Martin ist Co-Direktor der River Runners For Wilderness, einer Organisation zum Schutze des Colorado River Wasserscheide und den Rechten privater Bootsfahrer. Er sagte, dass er die Idee eines verbesserten öffentlichen Zugangs oberhalb der neuen Stromschnelle insgesamt mag, aber die Straße erscheint ihm wie eine Geldverschwendung. Entweder werde sie weggespült wenn der Wasserstand im See wieder steige, oder eine andere Stromschnelle werde sich stromaufwärts entwickeln und die Raftingfirmen dazu veranlassen, einen weiteren Zugangspunkt zu verlangen, sagte er. Martin würde empfehlen, dass die Raftingunternehmen auf ihre Motorboote verzichten und die gewonnene Zeit dazu nutzten, ihren Kunden die tatsächlichen Auswirkungen der Trockenheit und des Wassermanagements im Südwesten zu zeigen. Momentan, sagt er, verhält sich der Colorado wie ein "Wasserschlauch, der unkontrolliert im Vorgarten um sich schlägt." die Ursache hierfür liege in der Nutzbarmachung eines einst ungebändigten Flusssystems; das Ergebnis sei die Pearce Ferry Rapid.
Quelle: http://www.sfgate.com/cgi-bin/article.cgi?f=/n/a/2009/05/09/state/n000150D83.DTL&type=science 09.05.2009